Anspruch auf Ersatzkäufe bei verspätetem Gepäck

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In einem gerichtlichen Verfahren der SOS Flugverspätung gegen die Lufthansa hat das Amtsgericht (AG) Köln festgestellt, dass Fluggäste bei verspätetem Gepäck Anspruch auf Erstattung notwendiger Ersatzkäufe wie Kleidung und Drogerieartikel haben (Urteil vom 19.06.2024, Az. 113 C 421/23).

News Urteil Gepäck verspätet Hygieneartikel
© Thanakan/AdobeStock

SOS Flugverspätung erfolgreich gegen Lufthansa: Ersatzkleidung und Drogerieartikel müssen erstattet werden

Gepäckverspätungen und -verluste gehören zu den häufigsten Ärgernissen im Flugreiseverkehr. Besonders belastend wird es, wenn persönliche Gegenstände am Zielort fehlen und dringend benötigte Kleidung oder Hygieneartikel nachgekauft werden müssen. In solchen Fällen stellt sich regelmäßig die Frage, ob und in welchem Umfang Fluggesellschaften die entstandenen Kosten ersetzen müssen.

Rechtlich ist anerkannt, dass Ersatzkäufe unter bestimmten Voraussetzungen erstattungsfähig sind. Rechtsgrundlage ist je nach konkretem Sachverhalt das nationale Schadensersatzrechts oder das Montrealer Abkommen, das zentrale Haftungsfragen im internationalen Luftverkehr regelt. Vor diesem Hintergrund und gestützt auf eine klare Rechtslage mit guten Erfolgsaussichten hat die SOS Flugverspätung Klage gegen die Deutsche Lufthansa AG erhoben.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Reisenden hatten für ihren Flug von Berlin nach Paris drei Gepäckstücke aufgegeben, die jedoch nicht mitbefördert wurden. Erst nach ihrer Rückkehr in Deutschland erhielten sie das Gepäck zurück. In der Zwischenzeit mussten sie sich mit Ersatzkleidung und Drogerieartikeln versorgen. Das Amtsgericht Köln gab der Klage mit Urteil vom 19.06.2024 (Az. 113 C 421/23) vollumfänglich statt und sprach der Klägerin einen Betrag von 705,96 EUR zu.

Gepäck kam erst nach Reiseende zurück

Die betroffenen Fluggäste hatten für eine Reise von Berlin nach Paris drei Gepäckstücke aufgegeben, die jedoch nicht am Zielort eintrafen. Erst nach Rückkehr in Deutschland erhielten sie ihre Koffer wieder zurück. In der Zwischenzeit mussten sie sich mit Kleidung und Hygieneartikeln notdürftig ausstatten. Die Kosten beliefen sich laut Belegen auf 498,96 EUR. Hinzu kamen 207,00 EUR Gepäckgebühren, die die Airline trotz der unterbliebenen Beförderung einbehalten hatte.

Rücktritt vom Beförderungsvertrag teilweise möglich

Das Gericht hielt es für gerechtfertigt, dass die Fluggäste wegen der ausgebliebenen Gepäckbeförderung teilweise vom Vertrag zurückgetreten sind. Da die Koffer erst nach Ende der Reise wieder zurückgegeben wurden, konnte ihr Inhalt während des Urlaubs nicht genutzt werden und damit war der eigentliche Zweck der Gepäckmitnahme verfehlt. Lufthansa eine Frist zur "Nachbesserung" einzuräumen, also noch etwas Zeit zu geben, um die Leistung nachzuholen, war nicht nötig: Denn im gegebenen Fall sollte die Leistung gerade zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht werden (nämlich zu Reiseanfang) und ergibt danach keinen Sinn mehr. Die bezahlte Gepäckgebühr war deshalb vollständig zu erstatten.

Ersatzkäufe als Schaden anerkannt

Auch die Kosten für die Ersatzkäufe wurden zugesprochen. Das Gericht stellte klar: Bei durch Pflichtverletzungen verursachten Ersatzbeschaffungen kommt es nicht darauf an, ob die ursprünglichen Gegenstände später doch noch ausgeliefert wurden. Entscheidend sei, ob im Reisezeitraum ein tatsächlicher finanzieller Nachteil eingetreten ist. Da die Fluggäste zurückhaltend und sachgerecht bei der Auswahl der Artikel vorgingen und nur günstige Kleidung und Drogerieartikel erwarben, haben sie daraus keinen finanziellen Vorteil gezogen, der vom Erstattungsbetrag abgezogen werden müsste.

Die Argumentation der Lufthansa, die Ersatzkäufe seien überflüssig gewesen, weil das ursprüngliche Gepäck noch zurückgegeben wurde, wies das Gericht zurück. Auch eine teilweise Anrechnung wegen eines etwaigen Vermögensvorteils kam nicht in Betracht: Die erworbenen Kleidungsstücke wiesen nach einmaligem Gebrauch keinen relevanten Restwert mehr auf; ebenso war bei den geöffneten Kosmetikartikeln kein wirtschaftlich messbarer Wert mehr festzustellen.

Fazit: Ersatzkäufe bei Gepäckverspätung können vollständig erstattet werden

Das Urteil zeigt, dass Fluggesellschaften nicht nur bei verlorenem, sondern auch bei verspätetem Gepäck haften, wenn betroffene Reisende auf eigene Kosten Ersatz anschaffen müssen. Entscheidend ist, dass die Anschaffungen verhältnismäßig und durch die Verspätung veranlasst sind. Im vorliegenden Fall waren knapp 500 EUR für vier Personen über mehrere Reisetage nicht zu beanstanden.

💡 Die Entscheidung bestätigt: Fluggäste dürfen sich im Fall der Fälle selbst helfen und haben Anspruch darauf, dass ihnen dadurch entstandene Kosten ersetzt werden.

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Carl Christian Müller Mueller.legal

Rechtsanwalt Carl Christian Müller Vertragsanwalt der SOS-Flugverspätung ist Rechtsexperte für Reiserecht

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"Das Urteil zeigt: Wer bei Gepäckverspätung Ersatzkäufe tätigt, hat gute Chancen auf Kostenerstattung. SOS Flugverspätung hilft Ihnen dabei, Ihre Ansprüche gegenüber der Airline einfach, rechtssicher und ohne Kostenrisiko durchzusetzen."

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