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Corona-Krise: Nur teilweise Rückzahlung bei Stornierung der Pauschalreise

veröffentlicht am

Das Amtsgericht (AG) München gab der Klage auf Rückzahlung des Pauschalreise-Preises teilweise statt und verurteilte die Beklagte lediglich zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 518,40 EUR (Urteil vom 04.07.2022, Az. 159 C 2718/22). Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Frau mit Rollkoffer steht am Terminal und sieht auf die Tafel
Foto: DimaBerlin/Adobe Stock

Kanarische Inseln als Corona-Risikogebiet

Der Kläger buchte am 27.08.2021 für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn bei der Beklagten zu einem Gesamtpreis von 3.456 EUR eine 8-tägige Reise nach Gran Canaria (LPA). Die Reise sollte im Januar 2022 stattfinden. Am 25.12.2021 sprachen die deutschen Behörden aufgrund der Corona Pandemie eine Reisewarnung für die kanarischen Inseln aus und ordneten diese als Hochrisikogebiet ein. Dies hatte zur Folge, dass der Kläger und seine Familie bei Reiserückkehr in Quarantäne hätten gehen müssen. Am 29.12.2021 stornierte der Kläger die Reise und verlangte von der Beklagten die Rückzahlung des Gesamtreisepreises. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sehen bei Stornierung zu diesem Zeitpunkt Stornokosten in Höhe von 85 % des Reisepreises vor.

 

Wer trägt das Risiko im Fall einer weltweiten Pandemie?

Der Kläger meinte, ihm würde auf Grund dieser Umstände ein kostenloses Rücktrittsrecht zustehen und machte mit seiner Klage die Rückzahlung des Reisepreises geltend. Wenn seitens der Bundesrepublik Deutschland bzw. durch das zuständige Bundesministerium eine Reisewarnung für ein bestimmtes Reisegebiet ausgesprochen wird, dann hat der Reisende nach Auffassung des Klägers die Möglichkeit, vom Reisevertrag zurückzutreten und einen Anspruch auf Erstattung des Reisepreises. Das Risiko in einem derartigen Fall würde nicht der Reisende, sondern der Reiseveranstalter tragen. Wenn die Beklagte darauf verweise, dass nach eineinviertel Jahren Pandemie und ständig variierender Corona-Zahlen die Durchführung der Reise stets in der Schwebe war, hätte sie die Reise auch nicht anbieten müssen. Die Beklagte meinte demgegenüber, dass ihr ein Anspruch auf 85% des Reisepreises als Stornokosten zustehen würde.

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Kläger buchte in Kenntnis des Risikos

Das Gericht führte in der Begründung aus: „Der Kläger ist am 29.12.2021 von dem Reisevertrag zurückgetreten. Damit verliert die Beklagte ihren Anspruch auf den Reisepreis (§ 651 h Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Beklagte kann jedoch gem. § 651 h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BGB eine Entschädigung in Höhe von 85 % des Reisepreises verlangen, dies sind hier 2.937,60 €, so dass sich lediglich ein Anspruch des Klägers in Höhe von 518,40 € ergibt. (…) Der Entschädigungsanspruch der Beklagten ist nicht durch § 651 h Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Es sind am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe keine unvermeidbaren, außergewöhnliche Umstände aufgetreten. (…) Zwar kann die Corona-Pandemie durchaus als unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden, nach dem Sinn und Zweck der dem § 651 h Abs. 3 BGB zu Grunde liegenden Richtlinie (Art. 12 Pauschalreise-Richtlinie) ist jedoch davon auszugehen, dass die unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstände nach der Reisebuchung aufgetreten sein müssen. Der Reisende ist dann nicht schutzwürdig, wenn er die Reise bereits in Kenntnis der Pandemie bucht. Er hat die damit verbundenen Risiken dann bewusst in Kauf genommen.

 

Corona-Krise entwickelte sich dynamisch

So ist es auch im vorliegenden Fall gewesen. Der Kläger hat die Reise am 27.08.2021 gebucht. Zu diesem Zeitpunkt dauerte die Pandemie bereits über ein Jahr an. Bereits in diesem Jahr war ein dynamisches Infektionsgeschehen mit stets auf die aktuelle Situation angepassten Einschränkungen und Auflagen zu beobachten. Der Kläger musste daher nach Auffassung des Gerichts bereits bei Reisebuchung damit rechnen, dass die Reise durch Corona bedingte Einschränkungen beeinträchtigt wird. Dies gilt auch für Entscheidungen der Behörden, bestimmte Gebiete als Risikogebiete, Hochrisikogebiete und Virusvariantengebiete auszuweisen.

 

Reiseleiter ist nicht allein verantwortlich

Bei der Quarantäneverpflichtung nach Reiserückkehr ist schon fraglich, ob diese überhaupt unter § 651 h Abs. 3 BGB fällt, da diese ja nicht am Bestimmungsort der Reise, sondern erst nach Reiserückkehr am Heimatort greift. Auch insoweit ist (…) jedoch nach Auffassung des Gerichts eine Schutzbedürftigkeit des Reisenden nach über einem Jahr Pandemie nicht mehr gegeben. Diese Schutzmaßnahmen zählen nicht alleine zum Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters, sondern auch zum Privatrisiko des Reisenden. (…) Es handelt sich dann bei der Quarantäneverpflichtung nicht um eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 651 h Abs. 3 BGB. Der Anspruch auf Entschädigung der Beklagten entfällt demnach im vorliegenden Fall nicht gem. § 651 h Abs. 3 BGB. Die Klage war daher insoweit als unbegründet abzuweisen.“

Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 20. März 2023

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