Fluggastrechte-Reform gestoppt – aber nicht vollständig vom Tisch

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EU Ministerrat uneinig – Deutschland stellt sich gegen Aufweichung der 3-Stunden-Regel – Passagierrechte bleiben zunächst unangetastet

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich nicht auf eine gemeinsame Linie zur umstrittenen Reform der Fluggastrechte-Verordnung (EG Nr. 261/2004) einigen können. Damit ist der Reformprozess, der auf Druck der polnischen Ratspräsidentschaft beschleunigt werden sollte, vorerst gestoppt. Das bedeutet: Für Flugreisende in Europa ändert sich zunächst nichts – Entschädigungen ab 3 Stunden Verspätung bleiben weiterhin möglich.

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Noch am Donnerstagvormittag galt eine Einigung als unwahrscheinlich: Doch nun die Kehrtwende: Eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hat sich für eine Reform ausgesprochen, die künftig erst ab vier Stunden Verspätung eine Entschädigung vorsieht – nicht wie bisher schon ab drei Stunden. 

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Der Vorschlag der EU-Kommission sah weitreichende Änderungen vor – mit potenziell gravierenden Folgen für Verbraucherrechte:

  • Anhebung der Entschädigungsschwelle von 3 auf 5 Stunden Verspätung
  • Begrenzung der Entschädigung auf max. 400 € bei Kurz- und Mittelstrecken
  • Einschränkungen bei „außergewöhnlichen Umständen“ – z. B. technische Defekte automatisch als Entlastung der Airline
  • Wegfall automatischer Ansprüche bei „No-Show“ trotz gültiger Buchung

Verbraucherschützer und Luftrechtsexperten warnten frühzeitig: Der Entwurf würde einen massiven Rückbau etablierter Verbraucherrechte bedeuten.

Widerstand im EU-Ministerrat

Insbesondere Deutschland, Spanien, Belgien und Österreich stellten sich im Rat gegen die Pläne. Eine qualifizierte Mehrheit kam nicht zustande – und das, obwohl Polen, das aktuell den Ratsvorsitz innehatte, den Reformprozess beschleunigen wollte. Ein erneuter Vorstoß wird nicht vor Herbst 2025 erwartet – möglicherweise erst nach den Europawahlen 2026. Der Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder sagte am Rande des europäischen Verkehrsministertreffen, dass die Bundesregierung die Drei-Stunden-Schwelle bei allen Flügen beibehalten wolle. Zudem wolle man die Entschädigungshöhe künftig pauschal bei 300 EUR festlegen. Derzeit liegen die Entschädigungshöhen abhängig von der Flugstrecke zwischen 250 und 600 EUR. 

Widerstand auch aus den Bundesländern

Auch auf Länderebene war Kritik an der geplanten Reform zu vernehmen: NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) forderte laut einem Bericht von stern.de, an der geltenden 3-Stunden-Regel festzuhalten:

„Die bestehende Regelung hat sich bewährt – es wäre ein großer Rückschritt, sie jetzt zugunsten der Airlines auszuhöhlen.“

Damit schließt sich Nordrhein-Westfalen der Linie der Bundesregierung an und signalisiert klaren Rückhalt für starke Passagierrechte.

Hintergrund: Warum die Reform Verbraucherrechte gefährdet

Die EU-Verordnung 261/2004 gilt international als eine der verbraucherfreundlichsten Regelungen im Reiserecht. Sie sieht pauschale Entschädigungen von bis zu 600 € vor – unabhängig vom Ticketpreis. Die geplanten Änderungen hätten dies erheblich eingeschränkt.

Carl Christian Müller Mueller.legal

Rechtsanwalt Carl Christian Müller Vertragsanwalt der SOS-Flugverspätung ist Rechtsexperte für Reiserecht

Drohender Ansehensverlust der europäischen Institutionen

„Der Fluggastverordnung kommt über den reinen Verbraucherschutzgedanken eine besondere Bedeutung zu: Sie betrifft Millionen Menschen im Alltag und zählt zu den wenigen Bereichen, in denen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger Verbesserungen unmittelbar auf europäische Gesetzgebung zurückführen. Eine Stärkung statt eine Schwächung der Schutzstandards wäre daher wünschenswert,"

Was bedeutet das für Fluggäste?

  • Die 3-Stunden-Regel bleibt vorerst bestehen
  • Passagiere behalten ihre Ansprüche auf Entschädigung von 250 bis 600 €, abhängig von der Flugdistanz
  • Airlines müssen weiterhin darlegen, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorlag – die Beweislast bleibt bei ihnen

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