Passagier steht Entschädigung zu: Enteisung auf dem Vorflug reicht nicht als außergewöhnlicher Umstand

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In einem wegweisenden Urteil (Az.: X ZR 146/23) hat der Bundesgerichtshof die Rechte von Fluggästen in Fällen von Flugverspätungen und -ausfällen gestärkt. Das höchste deutsche Gericht weist darauf hin, dass die Enteisung von Flugzeugen unter winterlichen Bedingungen keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt, der Airlines von ihrer Entschädigungspflicht befreien kann. Mit dieser Entscheidung stärkt das Gericht die Rechte von Fluggästen, die von Verspätungen oder Anschlussflugverlusten betroffen sind.

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Fluggastrechte gestärkt: Bundesgerichtshof entscheidet zur Enteisung als Routinefall

Worum geht es? Der Fall im Detail: 

Das Urteil betrifft einen Flug, der am 5. Dezember 2021 von Minneapolis nach Amsterdam verspätet startete, weil das Flugzeug enteist werden musste. Die Passagierin verpasste dadurch ihren Anschlussflug nach Düsseldorf und erreichte ihren Zielflughafen Düsseldorf mit einer Verspätung von rund 4 Stunden. Die Passagierin trat ihre Rechte schließlich an ein Fluggastrechteunternehmen ab und, welches das Verfahren letztlich durch alle Instanzen bis zum BGH brachte. Im streitigen Verfahren verweigerte die Airline eine Ausgleichszahlung und berief sich auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände.  

Der BGH entschied jedoch, dass die kältebedingte Enteisung eines Flugzeugs in kalten Regionen oder während der Winterzeit zur normalen Geschäftstätigkeit einer Airline gehöre und die Airline sich insofern nicht auf das Vorliegen außer wohnlicher Umstände berufen könne. Die Verzögerung sei vorhersehbar und insofern durch die Fluggesellschaft zu berücksichtigen.

Was bedeutet das für Verbraucher?

Der Wintereinbruch führt dazu, dass Flugzeuge vermehrt enteist werden müssen. Der BGH legt nun fest, dass die Enteisung von Flugzeugen in Zeiträumen und an Orten, an denen mit winterlichen Temperaturen gerechnet werden kann, keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Fluggastrechteverordnung darstellt. Es handelt sich hierbei vielmehr um routinemäßige Maßnahmen, welche die Airline bei Erstellung des Flugplanes zu berücksichtigen habe. 

Kommt es also zu wetterbedingten Verzögerungen können Fluggäste nun auf Entschädigung hoffen, auch wenn eine Vielzahl von Flugzeugen betroffen ist und die Airline keinen Einfluss auf den Enteisungsvorgang hat. 

Das wichtigste in Kürze: 

  • Kein außergewöhnlicher Umstand: Die Enteisung zählt zu den routinemäßigen Sicherheitsmaßnahmen eines Luftfahrtunternehmens und ist kein unvorhersehbares Ereignis.
  • Anspruch auf Entschädigung: Fluggäste haben Anspruch auf Ausgleichszahlungen gemäß EU-Verordnung, wenn ihr Flugziel mit einer Verspätung von mehr als drei Stunden erreicht wird.
  • Stärkung der Passagierrechte: Airlines können sich nicht auf organisatorische oder wetterbedingte Probleme am Flughafen berufen, wenn diese Teil ihrer betrieblichen Verantwortung sind.

 

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