Was ist CORSIA?
CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) ist ein globales, marktbasiertes Klimaschutzinstrument, das von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) entwickelt wurde. Es wurde im Oktober 2016 auf der 39. Generalversammlung der ICAO in MontrĂ©al von den Mitgliedsstaaten beschlossen, nachdem sich die ICAO 2010 erstmals zu marktbasierter Klimastrategie bekannt und in den darauffolgenden Jahren die rechtlich und technischen Voraussetzungen geschaffen hatte. Ziel von CORSIA ist es, die COâ-Emissionen des Luftverkehrs zu stabilisieren und ab 2020 nicht weiter ansteigen zu lassen. Dies soll durch die Kompensation von Emissionen erreicht werden, die ĂŒber dem Referenzwert von 2019 liegen.
Das Programm sieht vor, dass Fluggesellschaften Emissionszertifikate erwerben, um ihre ĂŒberschĂŒssigen Emissionen auszugleichen. Diese Zertifikate stammen aus Klimaschutzprojekten, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfĂŒllen mĂŒssen.
CORSIA wird in drei Phasen eingefĂŒhrt.
- Pilotphase (2021â2023): Freiwillige Teilnahme von Staaten.
- Erste Phase (2024â2026): Weiterhin freiwillige Teilnahme, jedoch mit erweitertem Teilnehmerkreis.
- Zweite Phase (2027â2035): Verpflichtende Teilnahme fĂŒr alle ICAO-Mitgliedsstaaten, die bestimmte Kriterien erfĂŒllen.
Durch CORSIA soll der internationale Luftverkehr einen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten, indem er seine Emissionen nicht nur misst, sondern auch aktiv kompensiert.
âïž Rechtsnatur & Verbindlichkeit von CORSIA
CORSIA ist kein völkerrechtlich bindendes Abkommen im klassischen Sinne, sondern ein politisch vereinbartes, multilaterales Instrument, das auf einem ICAO-Beschluss basiert. Die Grundlage bildet ein Beschluss zur Ănderung der âStandards and Recommended Practicesâ (SARPs) in Annex 16, Volume IV des sogenannten Chicagoer Abkommens von 1944 â dem GrĂŒndungsvertrag der ICAO.
Das bedeutet:
- Die rechtliche Verankerung erfolgt durch Umsetzung in nationales oder regionales Luftfahrtrecht
- Die Teilnahme ist in der Pilotphase und der ersten Phase freiwillig,
- ab 2027 jedoch fĂŒr viele Staaten verpflichtend, sofern sie bestimmte Schwellenwerte ĂŒberschreiten (z.âŻB. Anteil am weltweiten Luftverkehr).
đȘđș Wie wird CORSIA in der EU umgesetzt?
Die EuropĂ€ische Union hatte bereits vor der EinfĂŒhrung von CORSIA ein eigenes Klimaschutzsystem fĂŒr den Luftverkehr: Seit 2012 unterliegen innereuropĂ€ische FlĂŒge dem EU-Emissionshandelssystem (EU ETS). Es gilt als eines der weltweit ersten marktbasierten Systeme mit verbindlichen Emissionsgrenzen und einer begrenzten Anzahl handelbarer COâ-Zertifikate. Damit setzt die EU, anders als CORSIA, nicht auf freiwillige Kompensation, sondern vielmehr auf Vermeidung durch Verknappung.
Als CORSIA 2016 auf Ebene der ICAO beschlossen wurde, entschied die EU, das neue System nicht vollstĂ€ndig zu ĂŒbernehmen, sondern es gezielt fĂŒr internationale Flugverbindungen auĂerhalb Europas zu nutzen. Damit entstand eine Koexistenz zweier Systeme:
- Der EU-ETS bleibt fĂŒr FlĂŒge innerhalb des EuropĂ€ischen Wirtschaftsraums maĂgeblich â er ist rechtsverbindlich, mengenbasiert und basiert auf einem Fixpreis durch Verknappung.
- CORSIA hingegen wirkt global, ist zunĂ€chst freiwillig, und ermöglicht den Ausgleich von Emissionen ĂŒber preislich flexible Offset-MĂ€rkte.
Seit 2021 gelten in der EU Vorschriften zur Ăberwachung und Berichterstattung nach CORSIA-Vorgaben. Ab 2022 dĂŒrfen Airlines auch CORSIA-Zertifikate nutzen, wenn sie internationale FlĂŒge durchfĂŒhren. Mit der Verordnung (EU) 2023/957 hat die EU eine Regelung geschaffen, die CORSIA und EU ETS bis 2030 miteinander verzahnen sollen, ohne dass der ambitionierte Ansatz des europĂ€ischen Systems dabei verloren geht.Â
Fazit: Die EU sieht CORSIA nicht als Ersatz, sondern als ergĂ€nzenden Mechanismus. FĂŒr den innereuropĂ€ischen Luftverkehr gilt weiterhin das strengere EU-Emissionshandelssystem. FĂŒr internationale FlĂŒge ist CORSIA ein global abgestimmter Baustein, der sicher einiges Potenzial aufweist, aber auch SchwĂ€chen.