Europäischer Gerichtshof (EuGH) - Die höchste Instanz für die Auslegung der Fluggastrechte

  • Gericht der EU mit Sitz in Luxemburg
  • Sichert die einheitliche Anwendung der EU-Fluggastverordnung in allen Mitgliedstaaten
  • Urteile des EuGH zur Flugverspätung gelten verbindlich vor allen EU-Gerichten

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Flugverspätung Flugausfall / Umbuchung

Was ist der EuGH?

Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Gründung: 1952
Sitz: Luxemburg
Zuständigkeit: Einheitliche Auslegung und Anwendung des EU-Rechts
Bedeutung im Fluggastrecht: Konkretisiert Rechtsbegriffe der Fluggastrechteverordnung
Besonderheit: Oberste rechtsprechende Instanz in der EU
Website curia.europa.eu

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist das oberste Rechtsprechungsorgan der Europäischen Union mit Sitz in Luxemburg. Er wurde 1952 durch den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) ins Leben gerufen und nahm 1953 seine Arbeit auf.

Der EuGH gewährleistet bis heute die einheitliche Auslegung und Anwendung des EU-Rechts in allen Mitgliedstaaten und sorgt dafür, dass die EU-Länder und EU-Institutionen das europäische Recht einhalten. Er ist damit maßgeblich für die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge verantwortlich und nimmt die Rolle eines unabhängigen Streitschlichters zwischen Mitgliedstaaten, EU-Institutionen und Privatpersonen wahr.

Seit dem Vertrag von Lissabon ist der Europäische Gerichtshof eine gemeinsame Einrichtung der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und zur Auslegung des Rechts dieser beiden Organisationen zuständig.

Fluggastrechte und der EuGH

Die Fluggastrechte der Europäischen Union ergeben sich aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 und stellen damit EU-Recht dar. Das bedeutet: Die Regelungen über Ausgleichsleistungen, Betreuungsansprüche oder Informationspflichten sind keine nationalen Gesetze, sondern gelten einheitlich in allen EU-Mitgliedstaaten. Dies hat zur Folge, dass für die Auslegung und Anwendung dieser Rechte neben den nationalen Gerichten auch der Europäische Gerichtshof zuständig ist. Nur durch eine einheitliche Auslegung des europäischen Rechts kann gewährleistet werden, dass Fluggäste in jedem Mitgliedstaat der EU den gleichen Schutz genießen.

⚖️ Wahrung der Fluggastrechte:
Aufgabenteilung: nationale Gerichte und der EuGH

Wenn Sie als Fluggast vor Gericht um Ihre Rechte streiten, wenden die nationalen Gerichte dabei das europäische Fluggastrecht an. Bestehen dabei Zweifel an der Auslegung einzelner Vorschriften, kann jedes Gericht der EU dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen des sogenannten Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV eine Frage zur verbindlichen Klärung vorlegen. Dieses Verfahren gewährleistet eine einheitliche Anwendung des EU-Rechts in allen Mitgliedstaaten. Letztinstanzliche Gerichte wie etwa der Bundesgerichtshof sind sogar verpflichtet, eine Vorlage einzureichen, wenn die Auslegungsfrage entscheidungserheblich und bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist. Der EuGH beantwortet die gestellten Fragen durch eine verbindliche Auslegung der betreffenden Vorschriften, auf deren Grundlage das nationale Gericht den konkreten Fall entscheidet.

Besetzung und Wahl der Richter

Der Europäische Gerichtshof ist mit einem Richter aus jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union besetzt. Aktuell sind es also 27 Richterinnen und Richter. Damit wird sichergestellt, dass alle nationalen Rechtstraditionen in die Entscheidungsfindung einfließen. Zusätzlich unterstützen sogenannte Generalanwälte das Gericht. Sie geben Rechtsgutachten ab, die den Richtern als Entscheidungsgrundlage dienen. Diese Gutachten sind nicht bindend, werden aber häufig berücksichtigt. Die Richter und Generalanwälte werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten einvernehmlich ernannt, und zwar für eine Amtszeit von sechs Jahren. Eine Wiederernennung ist möglich. Voraussetzung für die Ernennung ist, dass die Kandidaten als erfahrene Juristen mit hoher fachlicher Kompetenz die für das Richteramt erforderliche Qualifikation mitbringen. Innerhalb des EuGH wählen die Richter einen Präsidenten, der das Gericht leitet und dessen Sitzungen koordiniert. Auch dieser wird auf sechs Jahre gewählt.

Verbraucherschutzorientierung des EuGH

Der EuGH verfolgt im Bereich des Fluggastrechts – ebenso wie in anderen Bereichen des europäischen Verbraucherrechts – eine verbraucherfreundliche Linie. Ziel seiner Rechtsprechung ist es, den Schutzzweck der Fluggastrechteverordnung zu wahren und ihre praktische Wirksamkeit zu sichern.

In der Praxis bedeutet das: Der EuGH legt Begriffe des Fluggastrechts meist im Lichte der Interessen der Fluggäste aus, ohne die berechtigten Interessen der Fluggesellschaften gänzlich zu übergehen. So trägt er maßgeblich dazu bei, dass das europäische Fluggastrecht kein Papiertiger, sondern gelebter Verbraucherschutz ist.

Kommt auch mein Fall vor den EuGH?

In der Regel nicht. Ihr persönlicher Fall wird vor einem nationalen Gericht (z.B. Amtsgericht oder Landgericht) entschieden. Der EuGH wird nur dann eingeschaltet, wenn es bei der Anwendung des EU-Rechts Unklarheiten gibt. In solchen Fällen kann das Gericht den EuGH um eine rechtliche Einschätzung bitten, also eine sogenannte "Vorlagefrage" stellen. Diese Entscheidung gilt dann nicht nur für Ihren Fall, sondern für alle ähnlichen Fälle in der EU. So sorgt der EuGH dafür, dass Fluggastrechte überall gleich ausgelegt und angewendet werden.

Carl Christian Müller Mueller.legal

Rechtsanwalt Carl Christian Müller Vertragsanwalt der SOS-Flugverspätung ist Rechtsexperte für Reiserecht

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Flugverspätung und Flugannullierung:
Die 11 wichtigsten Entscheidungen des EuGH im Überblick

Hier finden Sie die 11 wichtigsten EuGH-Urteile zu Fluggastrechten, die die Rechte von Fluggästen maßgeblich geprägt und ihre Position gegenüber Fluggesellschaften deutlich gestärkt haben.

1. EuGH, Urteil vom 10.07.2008, C-173/07, Schenkel

In diesem Grundsatzurteil hat der EuGH den Geltungsbereich der Fluggastrechte-Verordnung präzisiert. Ein Flug von der EU in einen Drittstaat und der Rückflug zurück in die EU gelten nicht als ein einziger Flug, selbst wenn Hin- und Rückreise zusammen gebucht wurden. Im konkreten Fall buchte ein Passagier bei einer nicht-europäischen Airline (Emirates) eine Reise Düsseldorf – Dubai – Manila und zurück. Der EuGH entschied, dass der Rückflug von Manila nach Düsseldorf nicht unter die EU-Verordnung fällt, da er von einer Nicht-EU-Fluggesellschaft außerhalb der EU durchgeführt wurde. Passagiere können sich in solchen Konstellationen für den außereuropäischen Rückflug also nicht auf die EU-Fluggastrechte berufen, sofern die Fluggesellschaft keine gültige EU-Betriebsgenehmigung hat.

2. EuGH, Urteil vom 22.12.2008, C-549/07, Wallentin-Hermann

Dieses Urteil stellte wichtige Grundsätze zu „außergewöhnlichen Umständen“ bei technischen Problemen auf. Der EuGH entschied, dass rein technische Defekte an einem Flugzeug nicht automatisch außergewöhnliche Umstände sind, die die Airline von der Entschädigungspflicht befreien. Eine Fluggesellschaft kann sich nur dann auf außergewöhnliche Umstände berufen, wenn das Problem von außen herangetragen und für sie unabwendbar ist, beispielsweise ein versteckter Fabrikationsfehler oder Sabotage. Routineprobleme oder wartungsbedingte technische Mängel gelten als Teil des normalen Geschäftsbetriebs und entbinden nicht von Ausgleichszahlungen. Zudem betonte der EuGH, dass die Airline in jedem Fall durch sorgfältige Wartung und Vorhalten von Ersatzteilen alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen muss, um Verspätungen oder Ausfälle zu vermeiden. Andernfalls kann sie sich nicht erfolgreich auf außergewöhnliche Umstände berufen.

3. EuGH, Urteil vom 19.11.2009, C 402/07, Sturgeon

Mit dieser richtungsweisenden Entscheidung stellte der EuGH klar, dass Fluggäste auch bei Verspätungen einen Anspruch auf Ausgleichszahlung haben können. Konkret wurden Ankunftsverspätungen von 3 Stunden oder mehr einer Annullierung gleichgestellt. Die Kläger hatten ihr Ziel mit mehr als 3-stündiger Verspätung erreicht, obwohl die Flüge nicht annulliert worden waren. Der EuGH erkannte darin aufgrund des Zeitverlustes der Fluggäste eine vergleichbare Unannehmlichkeit wie bei einem Flugausfall. Daher wurde entschieden, dass bei einer Verspätung ab 3 Stunden am Endziel je nach Flugstrecke eine Ausgleichszahlung von 250–600 € fällig wird, sofern die Airline die Verspätung zu vertreten hat. Mit diesem Urteil stellte der EuGH klar, dass die Verordnung 261/2004 auch bei erheblichen Verspätungen Anwendung findet, und konkretisierte den bereits bestehenden Rechtsrahmen zugunsten der Fluggäste.

4. EuGH, Urteil vom 4.10.2012, C-22/11, Lassooy

Dieses Urteil stellte klar, dass der Begriff der Nichtbeförderung nicht auf Fälle der Überbuchung beschränkt ist. Vielmehr ist jegliche rechtswidrige Weigerung, einen Passagier zu transportieren, obwohl er über eine bestätigte Buchung verfügt, umfasst. Im konkreten Fall hatte Finnair wegen eines Streiks einen Flug annulliert und Passagiere auf einen anderen Flug umgebucht, wodurch ein anderer Fluggast seinen Platz verlor. Der EuGH stellte klar, dass auch dieser Fall als Nichtbeförderung gilt. Für die Praxis bedeutet das: Wird einem Fluggast gegen seinen Willen die Beförderung verweigert, z. B. um andere Passagiere umzubuchen oder aus betrieblichen Gründen, steht ihm grundsätzlich die nach der Verordnung vorgesehene Ausgleichszahlung zu. Die Entscheidung stärkt Fluggäste, indem sie sicherstellt, dass Airlines nicht allein durch organisatorische Umplanungen die Entschädigungsansprüche umgehen können.

5. EuGH, Urteil vom 31.01.2013, C-12/11, McDonagh

Dieses Verfahren folgte auf die massiven Flugausfälle infolge eines Vulkanausbruchs im Jahr 2010 und klärte die Informations- und Betreuungspflichten der Airlines bei außergewöhnlichen Umständen. Der Fluggast saß wegen des Luftraumstillstands eine Woche lang auf ihrer Urlaubsinsel fest und Ryanair verweigerte Verpflegung und Unterkunft. Der EuGH stellte klar, dass außergewöhnliche Umstände die Fluggesellschaft nicht von ihren Betreuungs- und Versorgungsleistungen entbinden. Auch wenn keine Ausgleichszahlung bei solchen Fällen geschuldet ist (weil ein Vulkanausbruch zweifelsfrei ein außergewöhnlicher Umstand ist), müssen Airlines gestrandete Fluggäste mit Essen, Getränken und Unterkünften versorgen. Diese Pflicht besteht zeitlich unbegrenzt und selbst bei länger andauernden Ereignissen. Kommt eine Airline dieser Verpflichtung nicht nach, können Passagiere Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Das Urteil machte deutlich, dass der Schutz der Fluggäste auch in Ausnahmesituationen gilt: Passagiere dürfen nicht schutzlos gestellt werden, nur weil die Ursache der Flugstörung außerhalb der Kontrolle der Airline liegt.

6. EuGH, Urteil vom 26.02.2013, C-11/11, Folkerts

In diesem Urteil ging es um Anschlussflüge und die Berechnung der Verspätung am Zielflughafen. Der EuGH entschied, dass für den Ausgleichsanspruch maßgeblich die Verspätung am Endziel des Fluggastes ist und nicht die Verspätung einzelner Teilstrecken. Der Fluggast hatte einen Anschlussflug verpasst, weil der Zubringerflug verspätet war, und kam dadurch insgesamt mehr als 3 Stunden später an seinem Zielflughafen an. Obwohl die erste Teilstrecke weniger als 3 Stunden verspätet war, bejahte der EuGH den Entschädigungsanspruch, da die Endankunft um über drei Stunden verzögert war. Für Fluggäste mit Umsteigeverbindungen bedeutet das: Auch wenn jede einzelne Flugstrecke für sich genommen vielleicht keine große Verspätung hatte, zählt die gesamte Verspätung bis zum letzten Zielflughafen. Erreicht man den endgültigen Zielort mit mindestens 3 Stunden Verspätung, besteht ein Anspruch auf Entschädigung, auch wenn die Verspätung des Zubringerfluges geringer war.

7. EuGH, Urteil vom 04.09.2014, C-452/13, Henning

Hier hat der EuGH erstmals definiert, wann ein Flug tatsächlich als „angekommen“ gilt, um die Verspätungsdauer zu bestimmen. Ein Flug gilt erst dann als angekommen, wenn sich die Türen des Flugzeugs geöffnet haben, sodass die Passagiere aussteigen können. Im zugrundeliegenden Fall landete ein Germanwings-Flug zwar knapp unter drei Stunden verspätet, jedoch öffneten sich die Türen erst einige Minuten später, sodass die Passagiere letztlich über drei Stunden nach der planmäßigen Zeit aussteigen konnten. Der EuGH entschied, dass die Verspätung ab dem Zeitpunkt gemessen wird, an dem die Passagiere nicht mehr an Bord festgehalten werden. Solange die Fluggäste im Flugzeug bleiben müssen, dauert die durch die Verspätung verursachte Unannehmlichkeit an. Erst mit dem Öffnen der Türen endet die Reise aus Sicht der Passagiere. Diese praxisnahe Definition sorgt für Klarheit: Selbst wenn ein Flugzeug kurz vor der 3-Stunden-Grenze landet, kann durch Rollzeit und verzögertes Aussteigen die maßgebliche Verspätungsschwelle überschritten werden, was dann einen Entschädigungsanspruch auslöst.

8. EuGH, Beschluss vom 14.11.2014, C-394/14, Siewert

In diesem Verfahren stellte der EuGH klar, dass Unfälle durch bodenseitige Abläufe nicht zwangsläufig außergewöhnliche Umstände sind. Konkret ging es um den Zusammenstoß eines Flugzeugs mit einer mobilen Fluggasttreppe am Boden. Der EuGH entschied, dass die Kollision eines Treppenfahrzeugs mit dem Flugzeug keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Solche Vorfälle seien Teil des normalen Betriebsrisikos eines Luftfahrtunternehmens: Bodendienstleister und Geräte am Flughafen gehören zum Umfeld, in dem sich eine Airline bewegt. Die Fluggesellschaft bleibt daher ausgleichspflichtig, sofern durch so einen Vorfall ein Flug erheblich verspätet wird oder ausfällt. Anders wäre es nur, wenn der Zusammenstoß untypische und unvorhersehbare Umstände wie etwa Sabotage zurückzuführen wäre. Diese Entscheidung bedeutet für Passagiere: Auch bei technisch bedingten Verzögerungen am Boden wie Beschädigungen durch Gepäckfahrzeuge, Treppen oder andere Fahrzeuge kann ein Entschädigungsanspruch bestehen, weil die Airline solche Risiken grundsätzlich beherrschen oder versichern muss.

9. EuGH, Urteil vom 04.05.2017, C-315/15, Pešková

Dieses Urteil betraf einen Vogelschlag und die Frage, wie sich ein Mix aus unterschiedlichen Ursachen auf den Entschädigungsanspruch auswirkt. Zunächst stellte der EuGH klar, dass die Kollision eines Vogels mit dem Flugzeug ein außergewöhnlicher Umstand sein kann, da ein Vogelschlag außerhalb der Sphäre der Fluggesellschaft stammt und deshalb nicht beherrschbar ist. Das Flugzeug erlitt jedoch nach dem Vogelschlag weitere Verzögerungen, etwa durch notwendige technische Überprüfungen. Der EuGH führte aus, dass die Airline nur für die Verspätungsteile von der Haftung befreit ist, die unmittelbar auf den außergewöhnlichen Umstand zurückgehen. Musste also z. B. wegen des Vogelschlags ein Sicherheitscheck durchgeführt werden, darf die dafür benötigte Zeit bei der Berechnung abgezogen werden. Bleibt aber dennoch eine Verspätung von 3 Stunden oder mehr übrig, liegt ein Entschädigungsfall vor. Zudem erinnerte das Gericht daran, dass die Airline in jedem Fall alle möglichen Maßnahmen ergreifen muss, um die Verspätung gering zu halten, selbst bei Vogelschlag. Auch dieses Urteil nimmt einen Ausgleich zwischen den Interessen der Fluggäste sowie der Airlines vor: Einerseits wird anerkannt, dass Vogelschläge außerhalb der Kontrolle der Airline liegen; andererseits wird verhindert, dass Airlines jede durch sie mitverursachte Verzögerung unter Berufung auf externe Ursachen von der Haftung ausnehmen. Für Fluggäste bedeutet es, dass ein Vogelschlag nicht automatisch alle Entschädigungsansprüche ausschließt, insbesondere wenn die Gesamtverspätung auch auf andere vermeidbare Faktoren zurückzuführen ist.

10. EuGH, Urteil vom 17.04.2018, C-195/17, Krüsemann

Hier ging es um das Phänomen eines „wilden Streiks“: Eine solche spontane Krankmeldungswelle des Personals ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung. Bei TUIfly hatten sich nach der überraschenden Ankündigung einer Unternehmensumstrukturierung zahlreiche Mitarbeiter gleichzeitig krankgemeldet, wodurch Flüge ausfielen oder verspätet ankamen. Die Airline argumentierte, dies sei ein unvorhersehbares Ereignis, sodass sie keine Entschädigungen zahlen müsse. Der EuGH sah das anders: Arbeitskampfmaßnahmen, die ihre Ursache im internen Betriebsbereich haben gehören zum normalen Unternehmensrisiko. Solche Ereignisse sind von der Fluggesellschaft zumindest mittelbar beeinflussbar und nicht „von außen“ wie etwa Unwetter. TUIfly konnte sich deshalb nicht von der Zahlungspflicht befreien. Das Urteil stellt klar, dass nicht jeder Streik automatisch einen Entschädigungsanspruch ausschließt. Im Ergebnis mussten die vom Personalausfall betroffenen TUIfly-Kunden Ausgleichszahlungen erhalten, was die Rechte der Fluggäste bei unerwarteten Flugausfällen infolge interner Probleme stärkt.

11. EuGH, Urteil vom 21.12.2021, C-146/20

In dieser jüngeren Entscheidung hat der EuGH den Begriff der Flugannullierung konkretisiert: Ein Flug gilt auch als annulliert, wenn die Airline die planmäßige Abflugzeit um mehr als eine Stunde vorverlegt. Im Anlassfall wurden Flüge kurzfristig deutlich früher durchgeführt, was für die betroffenen Passagiere ähnlich nachteilig war wie eine Verspätung. Laut EuGH nehme die Vorverlegung von über einer Stunde den Fluggästen die freie Zeitplanung und könne zu erheblichen Unannehmlichkeiten führen, etwa weil die Passagiere plötzlich viel früher am Flughafen sein müssen oder den Flug sogar verpassen. Infolgedessen haben Passagiere in solchen Fällen denselben Ausgleichsanspruch wie bei einer Annullierung des ursprünglichen Flugs. Wichtig ist: Informiert die Airline zu spät über diese erhebliche Flugzeitänderung, muss sie die volle Entschädigung zahlen, selbst wenn sie eine Ersatzbeförderung anbietet. Eine Kürzung der Ausgleichszahlung um 50 % – wie sonst bei angebotenem Alternativflug üblich – ist hier ausgeschlossen. Dieses Urteil stellt klar, dass auch kurzfristige Vorverlegungen von Flügen die Fluggastrechte auslösen und schützt Reisende vor nachteiligen Flugplanänderungen.

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