Pilotenausfall im Cockpit:
Wie sicher ist das Flugzeug
in so einem Fall?

  • Was bei Flug LH1140 wirklich passiert ist
  • Welche Notfallprozeduren Airlines im Cockpit haben
  • Warum die Vier-Augen-Regel wieder diskutiert wird

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Flugverspätung Flugausfall / Umbuchung

Pilotenausfall im Flugzeug: Was wir aus dem Fall LH1140 lernen können

Ein Flug von Frankfurt nach Sevilla. Routine. Reiseflughöhe über Spanien. Plötzlich verliert der Co-Pilot das Bewusstsein und das Cockpit bleibt für Minuten führerlos. Was nach einem Katastrophenfilm klingt, ist im Februar 2024 beim Lufthansa-Flug LH1140 tatsächlich passiert. Der Fall wirft wichtige Fragen auf: Wie sicher ist ein Flugzeug, wenn ein Pilot ausfällt? Welche Verfahren greifen? Und wer trägt die Verantwortung?

Diese Seite gibt einen Überblick: Verständlich, informativ und mit dem Blick auf Ihre Rechte als Fluggast.

Der Fall LH1140 - Wie eine Lufthansa-Maschine führungslos wurde

Am 17. Februar 2024 startete Lufthansa-Flug LH1140 planmäßig in Frankfurt mit Ziel Sevilla. Als sich das Flugzeug über Spanien auf Reiseflughöhe befand, verließ der Kapitän das Cockpit, um die Bordtoilette aufzusuchen. Eigentlich ein Routinevorgang. Kurz darauf erlitt der im Cockpit allein zurückgebliebene Co-Pilot einen medizinischen Notfall, vermutlich einen neurologischen Anfall. Er war nicht mehr ansprechbar. Das Flugzeug war ab diesem Moment führungslos und für die Fluglotsen am Boden sowie andere Maschinen über Funk nicht mehr erreichbar.

Für etwa zehn Minuten flog der Airbus A321 ohne aktiven Piloten an Bord. Ein „Geisterflug“, wie Medien später berichteten. Der Autopilot hielt die Maschine zwar auf Kurs, doch das Cockpit blieb per Funk unerreichbar. Erst als der Kapitän sich per Notfallcode Zutritt verschaffte, konnte die Kontrolle wieder übernommen und eine sichere Ausweichlandung in Madrid eingeleitet werden.

Trotz des glimpflichen Ausgangs sorgt der Vorfall für neue Diskussionen über Cockpit-Sicherheit, medizinische Tauglichkeit und den Umgang mit seltenen, aber möglichen Extremsituationen.

Was passiert technisch, wenn ein Pilot plötzlich ausfällt?

Moderne Verkehrsflugzeuge wie der Airbus A321 sind so konstruiert, dass sie auch in außergewöhnlichen Situationen für eine begrenzte Zeit sicher weiterfliegen können. Sobald sich ein Flugzeug in der Reiseflughöhe befindet, übernimmt in der Regel der Autopilot viele Aufgaben: Kurs halten, Geschwindigkeit regeln, Höhe überwachen.

Auch im Fall von Flug LH1140 war, als der Co-Pilot bewusstlos wurde, der Autopilot aktiv und hielt die Maschine stabil auf dem programmierten Kurs. Solange niemand aktiv eingreift, bleibt das Flugzeug in dieser Konfiguration. Das war in diesem Fall ein Glück.

Zutritt zum Cockpit im Notfall

Wenn ein Pilot das Cockpit verlässt, bleibt die Tür aus Sicherheitsgründen verschlossen. Sollte der verbliebene Kollege ausfallen, kann der Kapitän  mit einem Notfallcode von außen die Tür entriegeln. Nach Eingabe des Codes öffnet sich die Cockpittür automatisch nach 30 Sekunden, sofern der im Cockpit verbleibende Pilot dies nicht aktiv verhindert. In diesem Fall des LH 1140-Fluges war der Co-Pilot bewusstlos und damit auch nicht mehr in der Lage, das Öffnen der Tür zu blockieren. Noch bevor sich die Tür automatisch öffnete, kam der Co-Pilot wieder zu Bewusstsein und öffnete sie manuell.

Rolle der Kabinencrew

Die Besatzung steht in ständigem Kontakt mit dem Cockpit und kann so bei ungewöhnlichem Verhalten eines Piloten schnell reagieren. Hier reagierte die Kabinenbesatzung sofort und organisierte medizinische Hilfe. Gott sei Dank befand sich ein Arzt unter den Passagieren. 

Ist es erlaubt, dass ein Pilot allein im Cockpit bleibt?

Ja – nach den derzeit geltenden Regeln ist es in Europa zulässig, dass ein Pilot das Cockpit kurzzeitig allein besetzt, etwa bei einem Toilettengang des Kollegen. Auch beim Lufthansa-Flug LH1140 war dies der Fall: Der Kapitän verließ das Cockpit, der Erste Offizier blieb alleine zurück.

Nach dem tragischen Germanwings-Absturz im Jahr 2015, bei dem der Co-Pilot den Kapitän aussperrte und die Maschine absichtlich zum Absturz brachte, hatten viele europäische Airlines, darunter auch Lufthansa, vorübergehend eine Vier-Augen-Regel“ eingeführt. Diese sah vor, dass beim Verlassen des Cockpits immer ein weiteres Crewmitglied (z. B. eine Flugbegleiterin) das Cockpit betritt, um im Notfall eingreifen zu können.

Diese Regel wurde nach wenigen Monaten jedoch wieder abgeschafft, unter anderem wegen Sicherheitsbedenken (z. B. bei potenzieller Bedrohung durch ungeschulte Personen im Cockpit) und aus praktischen Gründen.

In den USA hingegen gilt die Vier-Augen-Regel bis heute: Verlässt ein Pilot dort das Cockpit, muss ein anderes Besatzungsmitglied dessen Platz kurzfristig einnehmen.

Der Fall LH1140 zeigt, dass auch medizinisch bedingte Notfälle, die bislang kaum in der Sicherheitsdebatte berücksichtigt wurden, eine erneute Bewertung dieser Praxis notwendig machen könnten.

💡 Gut zu wissen: Keine Pflicht zur Vier-Augen-Regel im Cockpit

In Europa gibt es keine gesetzliche Vorschrift, die vorschreibt, dass sich beim kurzfristigen Verlassen des Cockpits ein zweites Crewmitglied dazusetzen muss. Die maßgebliche EU-Verordnung (EG) Nr. 965/2012 erlaubt das Alleinbleiben eines Piloten bei betrieblicher oder physiologischer Notwendigkeit“.

Nach dem Germanwings-Unglück sprach die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA eine temporäre Empfehlung zur Vier-Augen-Regel aus. Diese wurde jedoch 2016 wieder gelockert, weil viele Piloten und Airlines die Maßnahme als kontraproduktiv einschätzten und keine einheitliche Umsetzung erfolgte. Seitdem entscheiden die Airlines eigenverantwortlich auf Basis einer Risikoabwägung, ob sie die Regel dauerhaft umsetzen.

Carl Christian Müller

Rechtsanwalt Carl Christian Müller Vertragsanwalt der SOS-Flugverspätung ist Rechtsexperte für Reiserecht

Sicherheit im Cockpit ist Pflicht – Verantwortung trägt die Airline.

 

Kommt es infolge eines medizinischen Notfalls in der Cockpit-Crew zu Verspätungen oder Annullierungen, kann unter Umständen trotzdem ein Entschädigungsanspruch bestehen. Nutzen Sie den Entschädigungsrechner von SOS Flugverspätung und prüfen Sie unverbindlich, ob Ihre Airline zur Zahlung verpflichtet ist.

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Forderungen nach mehr Sicherheit – was Behörden empfehlen

Der Vorfall auf Flug LH1140 hat nicht nur Passagiere und Medien beschäftigt, sondern auch die Luftfahrtbehörden. Die spanische Flugunfalluntersuchungsstelle CIAIAC veröffentlichte im Mai 2025 ihren Abschlussbericht und empfahl, die Prüfung der Wiedereinführung der Vier-Augen-Regel durch die Europäische Flugsicherheitsbehörde EASA.

Anders als in den USA, wo die Vier-Augen-Regel seit Jahren verbindlich vorgeschrieben ist, entscheiden europäische Airlines derzeit eigenverantwortlich, ob sie solche Maßnahmen umsetzen. Ob und wie die EASA auf diese Empfehlung reagiert, bleibt abzuwarten.

Was Sie als Passagier jetzt wissen sollten

Auch wenn der Vorfall auf Flug LH1140 glimpflich verlaufen ist, stellt sich vielen Fluggästen verständlicherweise die Frage: Was passiert, wenn ein medizinischer Notfall im Cockpit oder bei einem Crew-Mitglied zu Verspätungen oder einer ungeplanten Landung führen? Und: Habe ich in so einem Fall Anspruch auf Entschädigung?

Die EU-Fluggastrechteverordnung sieht Entschädigungen bei Verspätung oder Annullierung grundsätzlich nur dann vor, wenn die Airline für die Ursache verantwortlich ist. Bei außergewöhnlichen Umständen“ wie etwa Naturkatastrophen oder Sicherheitsrisiken entfällt die Zahlungspflicht.

Doch gilt ein medizinischer Notfall eines Piloten oder Crew-Mitgliedes ebenfalls als ein solcher außergewöhnlicher Umstand? Das ist juristisch umstritten. In mehreren Urteilen haben Gerichte entschieden, dass gesundheitliche Zwischenfälle des Bordpersonals nicht automatisch als außergewöhnlich gelten, sondern zum betrieblichen Risiko der Airline gehören.

Was bedeutet das konkret für Ihre Rechte als Fluggast?

Wenn durch einen medizinischen Notfall an Bord eine erhebliche Verspätung entsteht oder der Flug ausfällt, kann Ihnen trotzdem eine Entschädigung zustehen. Die Gerichte schauen genau hin:

  • War der Notfall vorhersehbar oder vermeidbar?
  • Hat die Airline ihre Sorgfaltspflichten erfüllt?
  • Wurde die Verspätung durch anschließende Fehler verschärft?

Im Zweifel lohnt es sich also, den Anspruch prüfen zu lassen – auch bei medizinischen Zwischenfällen im Cockpit.

Rechtlicher Hintergrund: Gilt ein medizinischer Notfall in der Crew als außergewöhnlicher Umstand?

Ob eine Airline im Fall eines medizinischen Notfalls zur Entschädigung verpflichtet ist, hängt vom Einzelfall ab. Entscheidend ist, ob der Vorfall als „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der EU-Verordnung 261/2004 gilt.

Gerichte urteilen hierzu unterschiedlich – mit einer klaren Tendenz:

  • LG Darmstadt, Urt. v. 23.05.2012, Az. 7 S 250/11
    Krankheitsbedingter Ausfall eines Crewmitglieds ist kein außergewöhnlicher Umstand, sondern Teil des betrieblichen Risikos.
  • AG Geldern, Urt. v. 11.09.2007, Az. 14 C 273/07
    Ein medizinischer Notfall an Bord ist nicht unvorhersehbardie Airline muss mit solchen Situationen rechnen.
  • AG Düsseldorf, Urt. v. 21.06.2013, Az. 43 C 6731/12
    Anders bei einem medizinischen Notfall eines Passagiers: Hier sah das Gericht einen außergewöhnlichen Umstand – bei Crew-Notfällen wird dies jedoch überwiegend anders bewertet.

👉 Der Ausfall eines Piloten aufgrund plötzlicher Erkrankung führt nicht automatisch zum Wegfall von Entschädigungsansprüchen. Es lohnt sich, die Situation rechtlich prüfen zu lassen.

Carl Christian Müller

Rechtsanwalt Carl Christian Müller Vertragsanwalt der SOS-Flugverspätung ist Rechtsexperte für Reiserecht

Crew-Notfall an Board – Die Airline bleibt verantwortlich.

 

"Pilotenausfälle sind selten, aber rechtlich relevant. Auch bei einem medizinischen Notfall im Cockpit bleibt die Airline grundsätzlich verpflichtet, für einen sicheren und zuverlässigen Flugbetrieb zu sorgen. Kommt es dadurch zu Verspätungen oder Annullierungen, kann trotzdem ein Anspruch auf Entschädigung bestehendenn nicht jeder Notfall ist automatisch ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der EU-Verordnung.

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Fazit: Ihre Sicherheit bleibt oberstes Gebot – Ihre Rechte auch

Der Vorfall auf Flug LH1140 zeigt eindrucksvoll, wie gut technische Systeme und Notfallprozeduren in modernen Flugzeugen funktionieren und wie schnell die Kabinencrew eingreifen kann. Trotzdem gilt: Flugsicherheit ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein kontinuierlicher Auftrag an Airlines, Behörden und Politik.

Wenn es durch einen medizinischen Notfall im Cockpit zu einer Verspätung oder Annullierung kommt, dürfen Ihre Rechte als Fluggast nicht einfach unter den Tisch fallen. Ob eine Entschädigung zusteht, hängt vom Einzelfall ab, aber es lohnt sich, genau hinzuschauen.

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